Brief: Konstantza, den 29. Januar 1917

Abends, 10 Uhr
…… Zur Feier des Tages hatten wir uns 2kg Rindfleisch besorgt für 4 Lei (3 Mark) noch etwas Grünes, Zwiebel und Paprika (spanische Pfeffer) kam der ganze Schlorum 4 Lei und 60 Bani (3,48 Mark) also pro Mann 87 ch. Hab ich gestern Mittag 3 Stunden gekocht. Die Arbeit hat sich aber gelohnt, hatten ne schöne Boullion und ne schöne Portion Fleisch gestern Abend. Und heute Abend gabs die Suppe und jeder ein Stück gebraten, tip-toppe Soße dabei, 1/2 Laib Brot mußte dran glauben und noch en Becher Tee (Quetschebrüh), brauche mir uns die Nacht doch nicht krumm zu legen.
Und so bin ich erst eben mit meiner Arbeit fertig geworden habe noch Wasch eingeweicht gibts morgen Fortsetzung. Ja, das Fleisch wünschte ich, könntet Ihr zu Hause so haben das kg 1,50 Mark. Kartoffeln gibts allerdings hier keine, kosten bald soviel als das Fleisch, das kg 96-100 Pfennig, trotzdem es in Friedenszeiten soviel hier geben soll und auch fast der Haupternährungszweig ist. Jetzt sind die Bohnen hier vorherrschend. Geht man durch die Stadt, so sieht man in all den Speisewirtschaften für die Einheimischen, und deren gibt es hier nicht wenig, Bohnen und immer wieder Bohnen mit so ner braunen Brühe, das schmeckt aber denen wie Zucker. In Serbien, wie wir die 2 1/2 Tage dort waren gabs nur Schweinefleisch und hier nur Kuh und Hammel.
Unser Ufchen das brummt hier, daß es eine Lust ist. Da muß man schon in Hemdsärmeln arbeiten. Auch die Stiefel hab ich ausgeworfen, fehlen mir nur ein paar regelrechte Schluffen in unserem Vereinslokal. Will auch gleich mal mitteilen, wie ich die Nächte rumbringe. Elf, zwölf oder auch später, wie mich der Schlaf anfällt setz ich mich in Sessel neben den Ofen, ziehe die Stiefel aus, den Rock hab ich ja immer aus hier in der Bude und reiße dort mal das erste Kapitel herunter. Um zwei Uhr, wenn die nächste Postenablösung ist, wird dann die Decke gedreht und in die Falle gelegt ist dann so leicht keine Revision mehr zu befürchten. Schlafe dann bis morgens 7 – 1/2 8, ist allerdings kein ruhiger Schlaf. Stiefel stehen neben dem Bett, desgleichen Koppel mit Seitengewehr an einem Stuhl dort selbst auch der Rock, Gewehr geladen handgreiflich. Alles im Falle eines Falles. Meistens sind die Nächte ja sehr ruhig, dann und wann mal Hundegebell oder auch ab und zu mal ein Schuß. Ist doch Gold gegen voriges Jahr bei Verdun. Wenn ich an die Tage noch denke, könnte man jetzt noch eine Gänsehaut kriegen. Ja, da ist es hier doch schöner beim Landsturm, wenns nicht mehr schlimmer kommt, werden wir mit Gottes Hilfe den Krieg auch rumkriegen
Der Frost hat sich seit Sonntag Morgen umgedreht in Regen. Ist erst recht Sauerei. Solange der Dreck gefroren war, konnte man wenigstens oben drüber laufen. Tagtäglich kommen eben Einwohner wieder zurück. Meistens ärmeres Volk. Welch eine Sorte Menschen. Wenns gerade kein zu miserabeles Wetter ist, sieht man sie haufenweise an den Häusern kauern, oft mit dem allernotwendigsten nur bekleidet und kauen irgend eine Frucht oder stieren stumpfsinnig vor sich hin. Alles Balkanvölker.